Lüneburgschen Anzeigen

24. August 2011

Vor etwa sieben Jahren zog ich mit meiner Tochter in diese tolle Wohnung am Anfang des Senkungsgebiets.
Altbau. Ich liebe Altbau.
Saniert ist es hier auch, und das Haus wird regelmäßig "gewartet", damit es keine unangenehmen Überraschungen gibt. Durch meine ganze Wohnung zieht sich ein alter Fachwerkbalken, den ich besonders hübsch finde.
Im Wohnzimmer befindet sich direkt neben einem Längsbalken in der Wand eine alte Telefonbüchse. Als ich hier einzog steckte ich mein altes Telefon mit dem ebenso alten Telefonstecker in diese wirklich alte Telefonbüchse und stellte fest, daß sie nicht mehr funktioniert. Am anderen Ende des Raumes befand sich die neue Dose. Da mein Telefonstecker aber leider kaputt war, konnte ich ihn nicht einfach so wieder herausziehen. Eine Hälfte wäre für immer in der alten Büchse geblieben. Also blieb mir nichts anderes übrig als mit einem Kaffee bewaffnet den Stecker langsamst hin und her zu ruckeln, und ihn so ganz sanft rauszuschieben.
So saß ich da eine gefühlte Ewigkeit, trank Kaffee, übte mich in Feinmotorik und betrachtete den Balken.
Das Holz ist alt, und weist an einigen Stellen deutliche Schwindrisse auf. Ich sah in einen großen Riss und bemerkte, daß ein Weberknecht darin wohnt. Ich holte eine Taschenlampe um nachzusehen, ob da hoffentlich nicht noch andere Leute ihre Villen drin gebaut haben. Holzböcke oder so. Was für eine furchtbare Vorstellung!
Ich entdeckte keine anderen Lebewesen, aber irgendetwas steckte ganz hinten tief im Riss. Mit den Fingern kam ich nicht ran, also holte ich eine Pinzette.
Zeitungspapier! Ich zog einige Stücke zerknülltes Zeitungspapier aus dem Balken, und dachte mir scherzhaft: "Hoffentlich ist es keine tragende Zeitung...!"
Als ich alle Stücke befreit hatte, glätte ich sie und war sehr überrascht.

Es waren Zeitungsteile der "Lüneburgschen Anzeigen" vom 29. März 1908! Leider fehlt der Teil, aber es lässt sich auf dem Titelblatt erahnen, daß die Zeitung schon damals von der "Von Stern'schen Buchdruckerei" gedruckt wurde.

Das werde ich nochmal recherchieren.

Das Papier der Zeitung war weder laubtrocken, noch wies es Schimmel auf. Es war einfach nur alt. Das beruhigte mich.
Ich ging direkt runter zu meiner Nachbarin Frau W. (ich berichtete vor kurzem von ihr) und las ihr aus der Zeitung vor, die nur knapp älter ist als sie. Sie sagte, daß sie erwähnt werden möchte, sollte ich es der heutigen LZ schicken, und man würde vielleicht darüber berichten. Ich werde ihre Bitte weiterleiten.

Hier noch zwei gut lesbare teile der Ausschnitte:
(zur größeren Ansicht auf die Bilder klicken)


Was für ein spannender Fund...

Mir dämmerts...

23. August 2011

Es war so leise.
Sonntag morgen ging ich über den Sande nach Hause. Über den ganzen Tag verteilt hatte ich eine Menge Alkohol getrunken.
Samstag früh fing es mit Sekt und Zitronensorbet bei einem Familientreffen bei meinen Eltern an. Es folgte noch mehr Sekt. Dann kam ein Alster zum Essen.
Später packte ich zwei meiner liebsten ein, und wir latschten stundenlang durchs "beschauliche" Heimatdorf.

Sonne.


Wärme.

Spaß.

Blödsinn.

Als wir zurück waren gab es Kaffee, Kuchen und Kaffee. Dann noch Kaffee.
Danach war es ein Aquavit... der mir fast im Halse stecken blieb.
Ich musste ihn mit einem weiteren Alster neutralisieren.

Später dann am Abend war ich auf der Geburtstagsfeier eines lieben Freundes.
Da waren Sekt und Leute und Bier.

Es wurde wirklich spät, und ich trat den Heimweg an.
Mein Kopf war voller Dinge. Voller lauter Dinge. Ich dachte einen Gedanken, der hallte dann so in meinem Kopf rum und ignorierte, daß bereits ein neuer Gedanke gedacht wurde. Der zweite hallte auch, ein dritter folgte... und so weiter. Das einzige was ich nicht bemerkte war der Alkohol. Der hatte sich irgendwo versteckt und machte mich nur unzufrieden. Es war so laut, daß ich nicht nach Hause und schlafen gehen wollte. Mir kam es gerade recht, daß mein Weg "zufällig" an meiner Lieblingskneipe vorbeiführte. Ich kehrte ein und traf sofort lauter tolle Leute.
Es folgte Bier, ein ausgiebiges Gespräch mit einer alten lieben Freundin die sich auch spontan dahin verirrte, Bärenfang und wieder Bier.
Es wurde ruhiger, es wurde hell. Ein guter Zeitpunkt.

Ich trat nun wirklich den Heimweg an.

Drei Dinge fielen mir sofort auf:
Die Helligkeit machte mir überhaupt nichts aus!
Mein Körper machte Bewegungen, die ich nicht erwartet hatte.
Es war unglaublich leise.

Die Stille war ebenso erfrischend wie diese warme Morgendämmerung. Normalerweise wäre es mir ein bisschen zu kalt gewesen, aber das wollte ich ganz spüren. Ich zog meinen Pullover wieder aus und ging im T-Shirt weiter.
Am Sande blieb ich stehen und atmete. Das Taxi das vorbeifuhr schien fast gar keine Geräusche von sich zu geben. Der Taxifahrer winkte, aber ich hatte keine Lust zu lächeln. Ich starrte in den Himmel und genoß es darunter zu stehen.

Ich sah zum Kirchturm und schoß ein Foto.

Die Uhr schlug sechs, ich drehte mich um und schoß noch ein Foto.

Jetzt lächelte ich und ging heim.
Ich war zufrieden.

Und als ob der Himmel mich nochmal an diesen Zustand erinnern wollte, tat er am Montag abend das hier:


Frau W.

18. August 2011

Frau W. ist meine Nachbarin.
92 Jahre ist sie alt, und alle hat sie überlebt. Ihre Söhne, dessen Frauen, ihren so sehr geliebten Mann. Und ihren zweiten Mann den sie nie heiratete, um ihn nicht zu verlieren. Auch den überlebte sie.
Bleibt nur noch ihr einziger Enkel. Dieser Enkel hat eine unglaublich liebe Frau geheiratet, und sie bekamen zwei ganz tolle Mädchen. Leider wohnen die etwa 500 Kilometer weit entfernt und können nicht so oft zu Besuch kommen. Aber sie kommen wann immer sie können.
Selbst ich als direkte Nachbarin bin viel zu selten da. Wahrscheinlich wäre ich öfter da, wenn Frau W. Hilfe bräuchte. Aber das ist selten so.

Jeden Tag macht sie auf ihrem Sofa Gymnastik ("Die alten Knochen müßen doch beweglich bleiben!"). Morgens stellt sie sich zwei ein Liter Flaschen mit Wasser auf den Tisch, und bis zum Abend müßen beide leer sein. Sie kocht fast täglich frisch, und vor etwa 20 Jahren hat sie mit dem rauchen aufgehört ("Mein Arzt sagte, das sei wirklich gesünder..."). Immer wenn ich zu besuch bin stellt sie mir einen Aschenbecher auf den Tisch und sagt Dinge wie "Nun rauchen sie doch, Frau A!" oder "Na aber EINE können sie doch!" Sie guckt dann immer ganz verschmitzt, aber den Gefallen hab ich ihr noch nie getan.
Sie geht auch allein einkaufen. An drei aufeinanderfolgenden Tagen macht sie sich auf den Weg zum nahegelegenen Edeka, immer einen Regenschirm in der Hand ("Sooo alt bin ich nicht, daß ich einen Krückstock benutzen muß!"). Zurück fährt sie dann eine Station mit dem Bus, oder sie ruft sich ein Taxi. Am ersten Tag kocht sie sich Kartoffeln mit Butter. Am zweiten Tag gibt es einfach gebratenes Gemüse. Am dritten und am vierten Tag wenn sie nun alles eingekauft hat... dann gibt es Fleisch, Kartoffeln, Gemüse und Soße und Eis zum Nachtisch. Freitags besucht sie eine Freundin im nicht weit entfernten Seniorenheim und isst dort mit ihr zu Mittag. Samstags und Sonntags gibt es Brot und Käse und Kekse mit Milch.
Ich mag Frau W. sehr. Sie strahlt Ruhe aus und ist fast immer gut gelaunt. Ihre weißen krausen Haare bindet sie immer zu einem Zopf und verziert den dann noch mit einer hübschen Haarspange. Sie riecht überhaupt gar nicht nach alter Frau, sie ist schlank und kleidet sich immer ansprechend. Und so sitzt sie dann immer da und strahlt mit ihren tiefblauen Augen. Wenn ich da bin, kocht sie immer Kaffee und ich bringe Kuchen mit.

Wir unterhalten uns oft stundenlang. Aber Geschichten von "Hach... Damals..." gibt es nicht. Wir unterhalten uns übers Internet, über Musik, sie singt phonetisch etwas von Pink vor (die mag sie so, kann aber kaum englisch), über Politik, Kinder von heute, Verhütung, Beziehungen und über alles andere sonst auch. Es gibt kein Thema, das nicht ausgesprochen wird. Es ist immer schön bei ihr. Frau W. hat einen ganz tollen intelligenten und umfangreichen Humor, den sie bei jeder Gelegenheit anbringt. Bei jedem Gespräch muß ich mindestens einmal lachen oder wenigstens schmunzeln.

Immer wenn so ein Kaffee-Kuchen Nachmittag vorbei ist, hab ich irgendwas tolles mitgenommen. Einen weisen Spruch, eine Anregung für einen anderen Blickwinkel, eine interessante Situationseinschätzung oder einfach nur ein gutes Gefühl.

Neulich fragte sie mich nach meiner Arbeit und den Kollegen. Ich erzählte ihr so einiges und auch von den zwischenmenschlichen Schwierigkeiten die gerade aktuell dort auftreten. Sie hörte aufmerksam zu, nahm beschriebene Situationen aus dem Kontext, setzte sie in andere Lebenssituationen ein und sagte "Es ist doch immer wieder das gleiche. Ich will nicht sagen, daß man sich anpassen muß und klein sein soll. Aber solche Konflikte hat man mit vielen Menschen. Mit den einen kann man sie lösen, mit den anderen nicht. Und wer gesund denkt und handelt weiß, daß er im Recht ist. Was soll man die dummen Menschen bekehren? Wer nicht klug sein will, der soll es auch nicht. Da macht man einfach mit seinen Dingen weiter, und der andere kann ja nachkommen wenn er mag. Und wenn nicht, dann halt nicht. Und so ist der Konflikt dann Vergangenheit. Man macht es einfach besser. Wenn der andere sich noch weiter aufregen will, soll er es tun. Was man in einem solchen Fall tut, lässt sich mit einem Wort beschreiben: Man schweigt und genießt seine eigene Klugheit!" Dann hat sie ganz herzlich und laut gelacht und sich vor lauter Höflichkeit eine Hand vor den lachenden Mund gehalten. Die andere Hand schlug den Tisch, und alles schepperte und bebte. Ich mußte einfach mitlachen. Sie gackerte "Das war viel mehr als ein Wort, aber ich habe Recht!!!" Jetzt mußte ich noch mehr lachen.

Frau W. ist wirklich toll, und ich lerne viel von ihr. Auch wenn ihr diese Rolle nicht ganz gefällt, sie weiß darum.
Sollte es mir vergönnt sein ein solches Alter mit einer solchen Verfassung zu erreichen, will ich mir genügend Humor, Hirn, Tiefe und Ruhe bewahrt haben, um so cool dasitzen zu können und noch "alle beisammen zu haben".


Nachtrag: Frau W. taucht auch in DIESEM POST auf :)

Physik spinnt...

17. August 2011

... wie ein lieber faggalischer Freund immer zu sagen pflegt.
Ich habe eine physikalische Entdeckung gemacht, weiß aber nicht wie es eigentlich funktioniert.
Die Digicam meiner Tochter hat die Einstellungsoption "Kerzenlicht". Mit dieser Option kann man recht weiche Bilder bei schwachem Licht machen, ohne daß der Blitz den ganzen Raum unnatürlich erhellt.

Hier ein Beispiel:


Dabei fiel mir folgendes auf. Drückt man den Auslöser erscheint auf dem Display der Kamera ein kleines "Warterädchen". Fotografiere ich einen stehenden Raum (nichts bewegt sich), ist das Bild schnell geschossen. Fotografiere ich aber eine Person wird das Foto erst dann geschossen, wenn die Person sich wirklich nicht mehr bewegt. Bewegt die Person sich gleichmäßig (schaukelt zum Beispiel von links nach rechts), wird das Foto relativ schnell geschossen, und auf dem fertigen Bild zeichnen sich "Bewegungsstreifen" ab. Leider habe ich gerade kein unpeinliches Beispiel zur Hand. Ich probierte einige Möglichkeiten aus und hatte dann eine Idee. Der Raum war von einer Kerze, einem Teelicht, einem Monitor und einem Fernseher erhellt. Ich hatte eine LED-Taschenlampe in der Hand, und meine Tochter fotografierte.

Das kam dabei heraus:


"Cake Morie"... Egal.
Wir haben einfach ein paar Buchstaben ausprobiert, und das hat ziemlich lange gedauert. Es hat so lange gedauert, daß wir keine Lust mehr hatten herauszufinden wann man am besten abdrückt, wie schnell die Bewegung sein muß... und so weiter.
Aber das wüsste ich gerne mal. Damit kann man sicher ganz tolle Kunstwerke erstellen.
Wenn also jemand eine Erklärung für die Funktion dieser "Lichtbilder" hat... immer her damit!


NACHTRAG

Das waren aber schnelle Reaktionen:
(zur größeren Ansicht auf die Bilder klicken)

http://www.michaelbosanko.com/

http://www.lichtfaktor.eu/blog/?page_id=3

Danke Jungs! :)

Hebelwirkung

4. August 2011

Mein lieber Herr Schröterich!
Der liebe Fauchi hat draußen was lustiges gemacht. Da ich meine Kamera nicht schnell genug zur Hand hatte, kann ich nur versprechen und Stein und Bein schwören, daß er da selbst reingelaufen ist...
Er klettert da immer wieder rein, und einmal lag das Gerüst so ungünstig, daß er bei Runterfallen auf dem Rücken landete...
Nach solchen Aktionen ist er immer eingeschnappt. Er frisst dann nichtmal mehr den leckersten Löwenzahn und verkriecht sich irgendwo. Aber trotzdem macht er es immer wieder.
Lustiger Typ ;)

 
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